20. Dezember 2022 – Adventskalender

Über Nacht hatte es geschneit. Ein eisiger Wind trieb die Schneeflocken durch die Straßen, um die Häuser und unter die Brücke, wo sich mittellose Menschen aus Pappe, Decken und alten Teppichresten eine notdürftige Unterkunft errichtet hatten. Die Natur erstarrte und mit ihnen die Armen unter der Brücke, die vom Schnee überrascht wurden.
Ein alter Mann erhob sich mühsam, um zu der nahe gelegenen Bäckerei zu humpeln. Vielleicht hatte er Glück und es erbarmte sich die Verkäuferin, ihm ein altes Brot vom Vortag zu schenken? Es würde den Hunger für einige Stunden besänftigen.
Als er sich vor der Bäckerei auf den Boden kauerte, kam ein Kind vorbei und schaute ihn neugierig an. Es fragte ihn, warum er nicht hinein ginge? Er könnte doch einen heißen Tee trinken, um sich aufzuwärmen. Leise antwortete er, dass er kein Geld hätte, um sich etwas kaufen zu können. Der Junge öffnete seine kleine Geldbörse und drückte dem alten Mann einen Geldschein in die Hand. Er meinte, dass die Nachbarin ihm gestern das Geld schenkte, weil er ihr die Einkaufstasche nach Hause getragen hatte. Aber er bräuchte doch gar kein Geld, weil Mama und Papa genug haben.

Der Mann schaute das Kind ungläubig an, wie es so selbstverständlich auf sein ‘erarbeitetes’ Geld verzichtete, um ihm eine Freude zu bereiten. Er bedankte sich leise und erhob sich vom Boden. Nun sah er, wie kleine Füße neben seinen großen eine Spur im Schnee hinterlassen hatte. Der Junge schaute zu ihm auf und meinte: “Schau mal, Opa, die beiden Fußspuren im Schnee! Deine Füße sind größer als meine, aber das ist nicht wichtig. Ob groß oder klein, wir sind alle wertvoll und schau, da oben”, er zeigte mit seiner kleinen Hand in den Himmel, “die Sterne leuchten so hell für dich wie für mich! Und nun wünsche ich Dir einen schönen Tag!”
Der Kleine winkte ihm noch einmal zu und verschwand in der Bäckerei.
Dankbar lächelnd schaute der Alte ihm nach. Ein kleines Rinnsal von Tränen vermischte sich mit den Schneeflocken in seinem Bart.

Heute war ein guter Tag, denn die Barmherzigkeit war ihm in einem kleinen Jungen begegnet.